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Junge Menschen werden „Zweitzeugen“

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Am 26. September erzählte Eva Weyl aus Amsterdam von ihrer Internierung im Konzentrationslager Westerbork.

Eva Weyl kommt aus einer jüdischen Familie, die 1934 aus dem nationalsozialistischen Deutschland in das holländische Arnhem gezogen ist. Nach der Besetzung der Niederlande wurde sie zusammen mit ihren Eltern im Januar 1942 im Durchgangslager Westerbork interniert, von wo aus etwa 107.000 überwiegend jüdische Frauen, Männer und Kinder in andere Konzentrationslager oder gleich in die Vernichtungslager im Osten deportiert worden sind.

„Mehr als drei Jahre lang stand ich gemeinsam mit meinen Eltern auf der Todesliste.“ Eva Weyl spricht langsam und eindringlich, und es ist ganz still, während sie spricht. Sie spricht über ihre Beklemmung auf dem Fußmarsch zum Lager in der Januarkälte, über den enervierenden Lageralltag, über die glücklichen Umstände ihres Überlebens bis zur Befreiung am 12. April 1945, aber auch kleine persönliche Tragödien wie den Umstand, dass ihr die Puppe, die sie mitgenommen hatte, in Westerbork gestohlen wurde. Ihren Eltern, die ihr den wahren Zweck des Lagers, dessen Kommandant eine bizarre, ja paradoxe ‚Normalität‘ vorzutäuschen suchte, so lange wie möglich verschleierten, ist sie bis heute dankbar. An der konstanten physischen und psychischen Anspannung, die das Zusammenleben auf engstem Raum ohne Rückzugsmöglichkeit und unter entwürdigenden hygienischen Bedingungen bedeutete, konnten sie freilich nichts ändern. Die Zeitzeugin illustriert ihren Vortrag mit sorgfältig ausgewählten, zum Teil sehr persönlichen Bilddokumenten, die mitunter jeden Kommentar erübrigen.

Die heute 88-Jährige spricht die später in Deutschland Aufgewachsenen frei von Schuld, nicht aber von Verantwortung – Verantwortung dafür, dass sich ein Menschheitsverbrechen wie das in Auschwitz begangene nie wiederholt. Sie möchte die Zuhörer*innen zu „Zweitzeugen“ machen, die das, wovon sie berichtet, an die folgenden Generationen weitergeben, wenn sie und andere Zeitzeugen einmal nicht mehr leben.

Während der Diskussion, die sich dem großartigen Vortrag anschloss, wurde deutlich, dass wir ihr das versichern können.